Die Waffennarren haben verloren

Die Waffennarren haben verloren

Europa ist in Aufruhr und völlig empört, denn Donald Trump hat mit einem Tabu gebrochen: anders als sein Vorgänger und andere politische Führer des Westens tut er nicht einmal mehr so, als ginge es im Moment ernsthaft um die Interessen der Ukraine, und er spricht aus, was alle wissen, aber nicht zugeben wollen: der Krieg ist verloren. Das ist auch die Schuld des Westens. Statt Donald Trump nun Unverschämtheit vorzuwerfen und im gleichen Zuge massive Aufrüstung in die Wege zu leiten, wird es Zeit, dass die vermeintliche Achse des Guten die eigene Position grundsätzlich infrage stellt.

Von Bent Erik Scholz
Eine Respektlosigkeit sei das gewesen, eine Werteordnung habe Trump aufgekündigt nach gerade einmal ein paar Wochen im Amt, sowas habe man noch nicht erlebt. Was für ein Gewitter an Endzeitszenarien wurde nicht über uns abgefeuert, um uns zu beweisen, wie fundamental schrecklich Donald Trump ist. Und wie halbgar waren die Bekenntnisse bedingungsloser Ukraine-Solidarität von europäischen Politikern, nicht selten via Copy-Paste massig auf Twitter verstreut, stets im Pluralis majestatis verfasst, dass ,,wir alle" hinter dem Sieg der Ukraine stünden. Tun wir das? Ich stünde lieber hinter einem Frieden.

Was hat Donald Trump eigentlich konkret gemacht? Er hat sich geweigert, dem ukrainischen Präsidenten Honig ums Maul zu schmieren. Trump sprach aus, was seit drei Jahren völlig offensichtlich ist: die Ukraine kann diesen Krieg nicht gewinnen, ohne dass ein dritter Weltkrieg provoziert würde. Es gibt dafür kein realistisches Szenario, Punkt, aus, Ende. Natürlich entspricht das niemandes Ideal für das Ende dieser Auseinandersetzung, aber für das Formulieren von Idealen ist es leider auch reichlich spät, nachdem man den unterlegenen Kriegsbeteiligten drei Jahre lang angefeuert und aufgerüstet hat. ,,Du schaffst das schon, bloß nicht verhandeln, lieber zurückschlagen!" Wohl gemerkt: die Behauptung, Putin wolle nicht verhandeln, war seit jeher gelogen. Genauso lügt jeder, der drohend ankündigt, dass der Russe als nächstes im Baltikum stünde, wenn man ihn nicht stoppt. Das ist komplett aus der Luft gegriffen, es gibt keinerlei Grund, davon auszugehen, es ist Propaganda.

Litauen, Lettland und Estland sind seit zwanzig Jahren in der NATO - die ja angeblich ein Garant für Sicherheit vor Russland sei, weswegen man auch die Ukraine schnellstens dort aufnehmen sollte, so die Argumentation der Kriegsbefürworter. Auch Polen, wo Putin, wie oft behauptet, ,,weitermachen" wolle (immer dieses dümmlich-nachgeplapperte Vokabular), ist Mitglied des Verteidigungsbündnisses. Für Schweden und Finnland bot die NATO Sicherheit vor Russland, für Osteuropa soll sie das auf einmal nicht mehr tun. Putins Armee sei zu schwach, um in der Ukraine nennenswerte Vorstöße zu erreichen, aber Angst muss man schon haben, dass er nach drei Jahren Zermürbungskrieg als nächstes nach Europa greift. Ja, was denn nun?

Die große Schandtat von Trump war sein Verzicht auf pseudomoralische Behauptungen, die pro forma immer mitgeliefert werden zu staatstragenden politischen Statements, und die fast immer gelogen sind. Sobald ein Politiker über Werte zu reden beginnt, kann man getrost weghören, denn er beginnt zu lügen. Und siehe da: es raschelt gewaltig im Blätterwald der Mächtigen, die aus allen Kanonenrohren feuern, um die eigene Machtposition zu zementieren und diesen Kampf um die eigene Bedeutung gleichzeitig moralisch aufzuwerten. Für die Freiheit lohne es sich schließlich, zu kämpfen, und nichts anderes als die Freiheit stünde in der Ukraine auf dem Spiel. Als neuer Anführer der Freien Welt nach dem Trumpschen ,,Rückzieher" wird Selenskyj gehandelt. Ungeachtet der Fragen, die sich diesbezüglich stellen: Wie frei ist die Ukraine tatsächlich? Sind Wahlen der einzige Indikator für eine funktionierende Demokratie? Und: wenn man die Freiheit erst mit Gewalt verteidigen muss, gibt es sie dann überhaupt? Freiheit, für die man sterben muss, ist keine.

Doch die Notwendigkeit der Neuerfindung Europas lädt auch zur Umdeutung der europäischen Friedensidee ein, und mit welcher Geschwindigkeit hierbei die Masken fallen, ist beachtlich. Kaum geht es um Militärausgaben, lässt Friedrich Merz die Schuldenbremse fallen. Als es noch um Investitionen ins Sozialsystem ging, war er händeringend dagegen, Geld in die Hand zu nehmen, der Krieg indes ist ihm nun fast eine Billion Euro wert. Das ist eine Zahl mit zwölf Nullen, eine Million mal eine Million. Und weil das so absurd ist, wird die Entscheidung über dieses Sondervermögen im alten, abgewählten Bundestag angestrebt, um den neuen Möglichkeiten der Sperrminorität aus dem Weg zu gehen. Das muss diese Demokratie sein, für die wir kämpfen sollen.

Trump indes zeigt auch mit seinem Rückzieher vom Rückzieher in Form von Sanktionen gegen Russland nun seine Art, Fortschritt zu erzielen: er arbeitet mit Ultimaten, und offenbar zeigen diese Wirkung. Die Strafzölle führten zu den Ergebnissen, die er haben wollte - auch wenn Teile dieser Ergebnisse lediglich das Wiederholen bereits beschlossener Maßnahmen war. Doch der amerikanische Präsident drängt die Weltgemeinschaft, sich zu gewissen Umständen zu verhalten. Und das gelingt ihm. Nun, da er Russland wieder abstraft, ist er jetzt wieder unser Freund? Oder geht es am Ende überhaupt nicht um das Richtig oder Falsch, sondern nur um das, was nützt? Seine Vorgänger machten es überdies ähnlich. Der Abhörskandal um die NSA war beispielsweise genauso ein Manöver, Kontrolle über die internationalen Geschicke zu behalten. Unzählige CIA-Missionen, von denen wir heute wissen, durchziehen die Geschichte der letzten 50 Jahre. Der Unterschied bei Trump? Er macht seine autoritativen Durchgriffe transparent.

Und was machen diejenigen, deren Job es eigentlich wäre, der sich noch mitten in der Bildung befindlichen Regierung auf die Finger zu schauen? Statt die angekündigten Entscheidungen nachhaltig zu hinterfragen, scheinen die Medien sowie die Opposition vielerorts zu noch exzessiveren Ausgaben ermutigen zu wollen. Sie tun mit im Rüstungswahn, statt respektvoll dagegenzuhalten. Es wiederholt sich damit der Trend, der zur Corona-Zeit begann, als kritische Berichterstattung vor allem so verstanden wurde, dass sie noch viel härtere Maßnahmen forderte.

Diese Woche lesen wir erneut Abenteuerliches von Menschen, denen wir bisher oft nachgesagt haben, besonnen und klug zu sein. Felix Dachsel vom ,,Spiegel"-Reportagen-Ressort (gegründet im Zuge des Skandals um Claas Relotius) reagiert auf X mit dem Post: ,,Taurus, jetzt." Nicht ,,Frieden, jetzt." Nicht ,,Schluss mit dem Sterben." Lieber doch nochmal eine halbe Millionen Menschen über den Haufen schießen, um ein Exempel zu statuieren, ohne dass sich die Verhandlungsposition der Ukraine dabei auch nur ein bisschen verbessert.

Der Bundessprecher der Grünen Jugend, Jakob Blasel, entblödet sich nicht, zu schreiben: ,,Wer in dieser Weltlage noch immer zögert, Europas Freiheit auch mit Waffen zu verteidigen, ist nicht links - sondern naiv und unsolidarisch." Ach so, solidarisch ist nur, wer sich erschießen lassen will! Es ist rechts, für die Erhaltung eines Machtsystems nicht das eigene Leben riskieren zu wollen! Europa ist ausschließlich als Landmasse und Apparat zu verteidigen, die einzelnen Menschenleben sind im Zweifel für das Ideal der Freiheit egal. Wie politisch pervertiert muss man sein, um das ernsthaft zu glauben?

Unter einer Folge des ,,BOYGROUP"-Podcasts ließ uns ein Hörer in einem Kommentar wissen: Der Umstand, dass wir uns gegen Waffenlieferungen äußern könnten, ohne im Arbeitslager zu landen, sei nur dadurch möglich, dass Menschen für uns und unsere Freiheit gekämpft hätten und gestorben seien. In dieser Inhaftierungsfantasie, die der Nutzer da auf uns bezogen entwickelt, liegt jedoch ein Fehler, denn seine Anspielung auf das Dritte Reich hat eine erhebliche Argumentationslücke. Den Alliierten war nämlich die Diktatur in Deutschland vollkommen egal.

Die Gefangenschaften, die Morde und die Konzentrationslager waren ihnen nicht erst nach sechs Jahren aufgefallen, woraufhin sie dann beschlossen hatten, jetzt etwas zu tun und Deutschland vom Hitlerregime zu befreien, als Gefallen der deutschen Bevölkerung gegenüber, die das allein offenbar nicht hinbekommt. Kurzum: kein Land führt Krieg gegen eine Diktatur zum Wohle des dort lebenden Volkes. Wenn das so wäre, hätte der Westen bis heute weltweit alle Hände voll zu tun. Denn diese Völker sind oftmals ausgesprochen folgsam, und für andere Länder zählt nicht das Wohlbefinden der Bürger in einer fremden Gesellschaft, sondern die Fähigkeit, mit anderen Staaten Geschäfte zu machen. Über Jahrzehnte hinweg war es dem Westen egal, dass Putin ein Diktator ist, vielmehr noch hat der Westen freudestrahlend mit Vorgängern Putins zusammengearbeitet, die teils noch chauvinistischer regierten als der heutige russische Präsident.

Jegliche Behauptung moralischer Gründe für eine Einmischung in den Krieg sind pure Propaganda, und sie waren es schon immer. Das System, kriegerische Eingriffe in anderen Ländern als Demokratiemissionen zu verklären, kommt vom Erfinder der modernen Propaganda, Edward Bernays, höchstselbst. Durch dessen PR-Maschinerie wurde der demokratisch gewählte Präsident Guatemalas in der öffentlichen Wahrnehmung zum kommunistischen Diktator erklärt, und die USA erklärten sich bereit, den Guatemalteken durch eine Spezialoperation die Demokratie zu bringen. Diese kam dann in Form einer Militärjunta, die dem dortigen Volk wohl wenig Freude bereitet haben dürfen, aber ihren Zweck erfüllte: dem Unternehmen Chiquita weiterhin Zugang zu den Bananenplantagen in Guatemala zu ermöglichen.

Die Wahrheit ist: der Westen hat die Ukraine aus purem Selbstzweck mehrfach ans Messer geliefert. Er hat sie durch Einmischung im Maidan ans Messer geliefert, durch die Torpedierung von Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022 kurz nach Beginn des Krieges, durch wieder und wieder neue Waffenlieferungen, taktisch gerade so viel, dass der Ukraine keine Durchbrüche gelingen würden. Mit vollem Selbstbewusstsein und mit Absicht hat vor allem Europa die Ukraine in einen Zermürbungskrieg hineinmanövriert. Wäre es jemals wirklich um einen Sieg der Ukraine über Russland gegangen, hätten die Maßnahmen von Tag 1 anders aussehen müssen.

Jeder, der sich heute als Unterstützer der Ukraine behauptet und fordert, noch schwerere Waffensysteme zu liefern, ist ein Lügner und ein Menschenfeind. Dieses Denken kann nur aufrechterhalten, wer die realen Schicksale, die tatsächlichen Menschenleben von Soldaten wie Zivilisten in diesem Krieg als bloße Statistik betrachtet. Wer dieses Weltbild vertritt, hat philosophisch mindestens genauso viel mit Stalin überein, wie man es Putin häufig vorwirft, meist ohne Angabe von Quellen. Denn Länder sind nicht nur irgendwelche Linien auf Karten, sie sind vor allem die Menschen, die dort leben. Wer aus dem westlichen Wohnzimmer heraus sagt, dass diese Leute für die Freiheit stürben und ja auch weiter kämpfen wollten (was übrigens ziemlich sicher ebenfalls Quatsch ist), der entwertet die Schicksale der Verstorbenen.

Die Unmenschlichkeit dieses Meinungslagers zeigt sich auch in der Reaktion auf die russische Absage zu einem Waffenstillstand vom 13. März. Auf den sozialen Netzwerken traf man unzählige feixende NATO-Fans an, die die Bild-Schlagzeile ,,Kreml lehnt Waffenruhe ab!" posteten, und deren erster Gedanke dazu war, sich über jene lustig zu machen, die Verhandlungen forderten. Ihr erster Gedanke war nicht, dass es überhaupt keine gute Nachricht ist, wenn nahtlos weiter getötet wird. Es fiel ihnen auch nicht als erstes ein, dass es zu Verhandlungen gehört, dass sie gelegentlich nicht sofort zu Ergebnissen führten. Ihr erster Gedanke war: ,,Jetzt haben wir den Putinverstehern aber eins ausgewischt!" Und nicht einmal das stimmte.

Es ist das Wesen von Verhandlungen, dass auch Angebote abgelehnt werden. Jeder Flohmarktbesucher weiß das. Es zeugt von absurder intellektueller Flachheit, diese Nachrichtenmeldung als kleinlichen Sieg für die eigene Argumentation zu werten und, wie viele es taten, zu schreiben, ,,Putin" habe ,,Verhandlungen abgelehnt", was schlichtweg nicht der Wahrheit entspricht. Der dem zugrunde liegende Gedanke ist überdies völlig irrsinnig: Wenn Waffenlieferungen nicht sofort den gewünschten Effekt erzielen, müssen mehr Waffen geliefert werden. Wenn Friedensverhandlungen nicht sofort den gewünschten Effekt erzielen, dann sind sie gescheitert und sinnlos. Aber mit Dissonanzen ist zu rechnen, wenn sich Leute, die unter anderen Umständen wahrscheinlich den Hashtag #HaltDieFresseSpringerpresse an jeder erdenklichen Stelle des Internets verbreiten würden, in diesem Fall dann doch auf eine Schlagzeile der Bildzeitung kaprizieren.

Es ist eine Form von latentem Nationalismus, zu behaupten, im Zweifelsfall stünde das Land über dem Leben. Schon nach jetziger Gesetzeslage kann mir mein Staat im Kriegsfall die Flucht verbieten und mich dazu zwingen, meine eigene Ermordung zu riskieren, um nicht mich selbst, meine Familie oder meine Lebensumstände zu verteidigen (die werden durch die Bomben so oder so zerstört), sondern um eine Verschiebung der Macht zu vermeiden. Ginge es bei der Verteidigung tatsächlich um den Schutz der Bevölkerung, müsste ein angegriffener Staat von sich aus schnellstmöglich Frieden anstreben. Dies tat die Ukraine auch zunächst in Friedensverhandlungen in Istanbul. Diese Verhandlungen scheiterten an der Einmischung des Westens, der die Ukraine als Außenstelle für einen neuen Kalten Krieg mit Russland brauchte, um die sich verändernden Machtverhältnisse durch das Erstarken der BRICS-Staaten im Griff zu behalten - und natürlich an Waffenverkäufen mächtig Geld zu verdienen.

Insbesondere das taktische Vorgehen der Biden-Regierung war hier exemplarisch: nach anfänglich enormer Unterstützung hielt sich der vorherige Präsident wieder mit Waffenexporten zurück und belieferte vor allem die europäischen Länder, die wiederum nach ihren umfangreichen Lieferungen an die Ukraine die eigenen Bestände wieder auffüllen mussten. Dies haben die USA sich selbstverständlich einiges von den Europäern kosten lassen, während man gleichzeitig beteuerte, man stünde an vorderster Front im Kampf gegen den bösen Aggressor und den Feind im Kreml.

Bei anderer Interessenlage stünden die USA zur Not auf der entgegengesetzten Seite. Denn wie viele Kriege, geführt von Diktaturen, finden gerade auf der Welt statt, ohne dass die USA sich auch nur eine Minute dafür begeistern können? Es lässt sich an ihnen nicht so leicht Geld verdienen. Würde Wladimir Putin die Waffen für seinen Krieg in der Ukraine zukünftig exklusiv von Lockhead Martin beziehen und dafür auch entsprechend bezahlen wollen, dürften die Telefonleitungen im Weißen Haus vor lauter Bettel-Anrufen aus der NRA wochenlang regelmäßig überhitzen.

Wohin der Weg der europäischen Aufrüstung führen wird, ist indes klar: erstens in eine immense Verschuldung, die meine Generation und die meiner Kinder das Leben erheblich erschweren wird. Wir reden hier von etwa einem Fünftel des Bruttoinlandsproduktes von Deutschland, 800 Milliarden Euro, die nun für Waffen und Militär ausgegeben werden sollen, bei einer CDU, die gleichzeitig hoch und heilig schwört, Steuern für Unternehmer zu senken. Zweitens jedoch wird das europäische Säbelrasseln nicht zu mehr Sicherheit führen. Denn die akute Bedrohung Deutschlands ist im Moment nicht gegeben - vielmehr würde sie erst entstehen, wenn wir proaktiv unsere Arsenale auffüllen, was als Provokation verstanden werden kann.

Die historisch hohen Militärausgaben Deutschlands (lange waren wir Dauerkandidat in den Top 10 Ländern mit den höchsten Ausgaben) haben keinen einzigen Krieg in den letzten Jahrzehnten verhindert. Wie Abschreckung sowieso selten Kriege verhindert. Derzeit wird beispielsweise laut über ein nukleares Upgrade für Europa nachgedacht. Schauen wir mal auf die Bilanz, die die nukleare Abschreckung in den letzten Jahren hatte: Das Vorhandensein von Atomwaffen hat den Krieg zwischen Indien und Pakistan nicht verhindert, konnte den Falklandkrieg nicht abwenden, und auch Israel haben sie wenig genützt.

Zudem ist das Konzept der Abschreckung seit Jahrzehnten umstritten. Im Kalten Krieg rüsteten die verschiedenen Seiten massiv auf, mehrfach wäre es beinahe zu einer Eskalation gekommen, die das Ende unserer Zivilisation bedeutet hätte - zum Ende des Kalten Krieges führten jedoch friedliche Revolutionen und keine Militärmanöver. Die Momente, in denen der Dritte Weltkrieg beinahe ausgebrochen wäre - beispielsweise die Kubakrise 1962 - wären ohne ebendiese Bewaffnung bis an die Zähne wahrscheinlich nie so nah gekommen.

Das Einzige, was Freiheit und Sicherheit langfristig wahren kann, ist Frieden, Abrüstung, das Niederlegen von Waffen. Es ist eine banale Wahrheit, aber eine unwiderlegbare. Frieden entsteht nicht, indem man zähnefletschend mit seinen Schwertern rumfuchtelt und allen entgegenbrüllt: ,,Fass mich bloß nicht an!" Frieden entsteht langfristig auf drei Wegen: friedliche Revolutionen, Abkommen, oder halt die totale Vernichtung des Gegners. Letztere Option ist in diesem Falle keine. Russland wird nicht vernichtet werden. Wer der Idee weiter aufsitzt, in diesem Krieg sei mit Gewalt noch Land zu gewinnen oder der Gegner gar in die Knie zu zwingen, muss sich dringend helfen lassen - er leidet unter Wahnvorstellungen und Gewaltfantasien.

Die Waffennarren haben verloren. Im Moment merken sie das vielleicht noch nicht und suhlen sich in den Etappenerfolgen eines wieder gemeinsam auftretenden Europas, oder der neuerlichen Umentscheidung von Donald Trump. Aber früher oder später werden sie sich eingestehen müssen, dass sie mit ihrem Kurs an jeder Realität vorbei sinnlos den Untergang provozieren wollten. Man kann die wirren Ideen der Kriegsfetischisten, für die Schüsse, Zerstörung und Verletzung nur Zahlen sind, nicht zu Ende denken, ohne in der Katastrophe zu landen, auf die eine oder andere Art. Wie viele von ihnen haben wohl klammheimlich Aktien von Rüstungskonzernen? Aber auch diese werden ihnen nichts nützen, wenn sie früher oder später ihren Kindern werden erklären müssen, welche Welt sie ihnen hinterlassen haben. Spätestens dann werden sie sich eingestehen müssen: sie haben versagt. Sie haben Blut an den Händen.

14.03.25
*Bent-Erik Scholz arbeitet als freier Mitarbeiter für den RBB

HIER GEHTS ZUM NEUEN BUCH
TICKET´S ZUR SHOW "SONGS & STORIES" TICKET´S ZUR SHOW "ER IST WIEDER DA"
Schreibe einen Kommentar
Datenschutzhinweis
Alle Kommentare werden moderiert. Bitte beachtet unsere Kommentarregeln:
Für eine offene Diskussion behalten wir uns vor, Kommentare zu löschen, die nicht direkt auf das Thema abzielen oder nur den Zweck haben, Leser oder Autoren herabzuwürdigen. Wir bitten um ein respektvolles, sachliches und konstruktives miteinander.
Bitte haben Sie Verständnis, dass es etwas dauern kann, bis Ihr Kommentar online ist.