Von Kunst, Philosophie und Gehabe
Die Kunst. Ich könnte jetzt nach guter alter Philosophen-Manier fragen: ja, was ist eigentlich die Kunst? Gibt es die Kunst überhaupt, kann ich diese nicht nur verstehen, wenn ich akzeptiere, dass es verschiedene Kunstarten gibt und diese immer verbunden sein werden mit einem konkreten Kunstwerk, einem Bild, einem Lied oder auch einem Theaterstück, in welchem die Kunst sich uns als Menschen sinnlich greifbar macht.
von Pascal Deniz Degen
von Pascal Deniz Degen
Aber das wäre Quatsch! Warum? Weil ich nicht für ein akademisches Publikum schreiben möchte, in dem Wörter benutzt werden, um andere in dem eigenen Dunstkreis zu beeindrucken. Sieh mich an, hör mir zu, ich weiß wie ich zu reden habe! Am Anfang freut man sich möglicherweise noch, besonders wenn man selbst nicht aus dieser akademischen Schicht kommt, endlich gehört man dazu, man versteht nun etwas und damit versteht man auch ganz genau wer nicht dazu gehört, ach ihr dummen kleinen Unwissenden, ihr müsst es noch lernen.
Welch törichte Einstellung. Redet darüber, wie man die Welt verbessern kann, was man machen soll, darf oder muss, aber redet so, dass die Leute, die es betrifft, gar nicht erst verstehen, dass es eigentlich um sie geht, und ihr wundert euch am Ende, warum die Leute, denen ihr helfen wollt, nicht auf euch hören, wer ist hier der Einfältige?
Was hat das mit der Kunst zu tun, mag man sich nun vielleicht fragen. Ich bitte Sie um Entschuldigung, ich bin vom eigentlichen Thema abgekommen. Obwohl, vielleicht sind die Philosophie und die Kunst nicht sehr unterschiedlich. Beide haben ein Problem mit elitärem Gehabe, Leute, die denken sie wüssten ganz genau Bescheid und wüssten es besser als alle anderen. Wer hat eigentlich die Oberhand, derjenige der die Kunst konsumiert oder derjenige der sie erschafft, oder doch vielleicht derjenige der sie als echter Kritiker bewertet?
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, als jemand der selbst Kunst erschafft oder erschaffen möchte, sehe ich definitiv eine Berechtigung dafür, dass die Meinung des Künstlers eine Rolle spielen sollte. Genauso sehe ich eine gewisse Berechtigung für die Kritikerin, die eine Expertise mitbringt, aber ebenso hat nun mal auch der ,,normale Bürger, die Bürgerin" ein Recht darauf das Kunstwerk so zu verstehen, wie er oder sie es versteht. Wenn ich beispielsweise ein Buch wie Schuld und Sühne von Dostojewski lese, dann will ich nicht wissen, was Dostojewski mir eigentlich damit sagen wollte und ich will auch kein zweites Buch kaufen müssen, in dem mir jemand anderes eine Interpretation auf die Nase bindet, ich will meinen eigenen Kopf benutzen, meine eigene Interpretation haben und wissen, was dieses Buch mir in meinem Leben bringt.
Ich bin also ein großer Verfechter eines demokratischeren Kunstbegriffs, auch wenn mir die Schattenseiten bewusst sind. Auch ich finde es ganz unangenehm, wenn sich jede x-beliebige Person nun als Kunstkennerin aufspielen würde, aber denken wir von der Alternative aus. Was ist besser, wenn wir von vornherein schon eine riesige Gruppe von Menschen ausschließen an einer Diskussion teilzunehmen, weil wir sie für zu dumm halten, oder wenn wir den Raum grundsätzlich öffnen und mit ,,den Anderen" ins Gespräch kommen können. Das heißt übrigens keinesfalls, dass sich ein Künstler auf der Bühne von seinem Publikum alles vorschreiben lassen muss und immer nur die Bedürfnisse eben dieses Publikums befriedigen muss. Es ist wechselseitig, sowohl der Künstler als auch das Publikum haben Rechte UND Pflichten. Wie heißt es doch so schön: Heutzutage ist zwar nicht alles Kunst (auch wenn es vielleicht manchmal so scheint) aber es gibt Kunst für alle.
Und nun? Was bedeutet das? Worin soll dieser Text gipfeln?
Ganz einfach, in der Aufforderung Kunst in Ruhe zu lassen, so dass sie sich entfalten kann. Es wird nie angebracht sein zu fragen, ,,Was darf Kunst?" Sondern immer nur ,,Wie darf Kunst?"
Um den Bogen wieder zurückzuschlagen, es ergibt keinen Sinn zu fragen ,,Darf Kunst/Philosophie akademisch sein? Denn die Antwort ist eindeutig: Ja selbstverständlich, sie muss es sogar! Viel mehr Sinn ergibt es doch zu fragen, ,,Darf die Kunst/Philosophie akademisch bleiben!" Hier ist die Antwort ganz klar nein!
Der Zusammenhang ist der Folgende: Wenn wir wollen, dass wichtige Informationen an ein breites Publikum kommen, dann dürfen wir nicht davor zurückschrecken vielleicht die falschen Sachen zu sagen.
Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Ein für mich wichtiger Begriff der Philosophie, ist die Freiheit. Was ist der Unterschied zwischen den folgenden Sätzen:
,,Die eigene Freiheit findet dort ihr Ende, wo sie die Freiheit der anderen tangiert."
,,Wenn ich jemanden als Hurensohn beleidige, darf ich mich nicht wundern, wenn ich danach eine Schelle kassiere."
Genau, es gibt keinen Unterschied, der Inhalt ist identisch, beide Sätze sagen das gleiche aus! Aber die Form ist eine andere! Der erste Satz hebt sich selbst empor und soll zeigen, wie schlau man doch sei und er ergibt Sinn, er ist richtig und er ist wichtig, in einem bestimmten Rahmen. Der zweite Satz zeigt, was der Erste bedeuten könnte, wenn man ihn auf brutale Weise anwendet, in einem bestimmten Rahmen ergibt also auch dieser Sinn. Ist einer von beiden besser? Ich weiß es nicht.
Aber hier kommt die Kunst ins Spiel, wenn wir die beiden Sätze als Extrempunkte sehen, die einen bestimmten Inhalt verkörpern sollen, kann die Kunst dabei vermitteln diesen Inhalt in die Welt zu bringen. Sie kann eins der beiden Extreme benutzen, oder keins davon, vielleicht auch etwas dazwischen, oder vielleicht findet sie etwas, das noch extremer ist. Am Ende ist jedoch eins wichtig, dass sie sich auslebt, entfaltet und ausprobiert und das kann sie nicht, wenn sie schon von vornherein eingeschränkt wird. Eine stabile Gesellschaft, braucht auch eine gute Kunst.
Warum der Kunst nicht mehr vertrauen, vielleicht mag es absurd oder pathetisch klingen, aber wen hat die Kunst jemals getötet?
Falls Sie, anders als ich zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die Kunst dies bereits vollbracht hat, dann denken Sie bitte darüber nach, ob diese Opfer in Relation stehen zu denen, die durch Krieg, Waffen, Hass und Hetze gestorben sind.
Freie (!) Kunst ist die beste Alternative!
21.11.2024
Pascal Deniz Degen ist 25 Jahre alt und ein echter Ur-Berliner. In seiner Heimatstadt schloss er erfolgreich seinen Bachelor in Geschichte und Philosophie ab. Seine große Leidenschaft für die Philosophie führte ihn nach Wien, wo er aktuell seinen Master absolviert. Sein selbsternanntes Ziel ist es, die Philosophie aus den akademischen Fängen zu befreien und sie wieder für die Gesellschaft zugänglich zu machen.
Welch törichte Einstellung. Redet darüber, wie man die Welt verbessern kann, was man machen soll, darf oder muss, aber redet so, dass die Leute, die es betrifft, gar nicht erst verstehen, dass es eigentlich um sie geht, und ihr wundert euch am Ende, warum die Leute, denen ihr helfen wollt, nicht auf euch hören, wer ist hier der Einfältige?
Was hat das mit der Kunst zu tun, mag man sich nun vielleicht fragen. Ich bitte Sie um Entschuldigung, ich bin vom eigentlichen Thema abgekommen. Obwohl, vielleicht sind die Philosophie und die Kunst nicht sehr unterschiedlich. Beide haben ein Problem mit elitärem Gehabe, Leute, die denken sie wüssten ganz genau Bescheid und wüssten es besser als alle anderen. Wer hat eigentlich die Oberhand, derjenige der die Kunst konsumiert oder derjenige der sie erschafft, oder doch vielleicht derjenige der sie als echter Kritiker bewertet?
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, als jemand der selbst Kunst erschafft oder erschaffen möchte, sehe ich definitiv eine Berechtigung dafür, dass die Meinung des Künstlers eine Rolle spielen sollte. Genauso sehe ich eine gewisse Berechtigung für die Kritikerin, die eine Expertise mitbringt, aber ebenso hat nun mal auch der ,,normale Bürger, die Bürgerin" ein Recht darauf das Kunstwerk so zu verstehen, wie er oder sie es versteht. Wenn ich beispielsweise ein Buch wie Schuld und Sühne von Dostojewski lese, dann will ich nicht wissen, was Dostojewski mir eigentlich damit sagen wollte und ich will auch kein zweites Buch kaufen müssen, in dem mir jemand anderes eine Interpretation auf die Nase bindet, ich will meinen eigenen Kopf benutzen, meine eigene Interpretation haben und wissen, was dieses Buch mir in meinem Leben bringt.
Ich bin also ein großer Verfechter eines demokratischeren Kunstbegriffs, auch wenn mir die Schattenseiten bewusst sind. Auch ich finde es ganz unangenehm, wenn sich jede x-beliebige Person nun als Kunstkennerin aufspielen würde, aber denken wir von der Alternative aus. Was ist besser, wenn wir von vornherein schon eine riesige Gruppe von Menschen ausschließen an einer Diskussion teilzunehmen, weil wir sie für zu dumm halten, oder wenn wir den Raum grundsätzlich öffnen und mit ,,den Anderen" ins Gespräch kommen können. Das heißt übrigens keinesfalls, dass sich ein Künstler auf der Bühne von seinem Publikum alles vorschreiben lassen muss und immer nur die Bedürfnisse eben dieses Publikums befriedigen muss. Es ist wechselseitig, sowohl der Künstler als auch das Publikum haben Rechte UND Pflichten. Wie heißt es doch so schön: Heutzutage ist zwar nicht alles Kunst (auch wenn es vielleicht manchmal so scheint) aber es gibt Kunst für alle.
Und nun? Was bedeutet das? Worin soll dieser Text gipfeln?
Ganz einfach, in der Aufforderung Kunst in Ruhe zu lassen, so dass sie sich entfalten kann. Es wird nie angebracht sein zu fragen, ,,Was darf Kunst?" Sondern immer nur ,,Wie darf Kunst?"
Um den Bogen wieder zurückzuschlagen, es ergibt keinen Sinn zu fragen ,,Darf Kunst/Philosophie akademisch sein? Denn die Antwort ist eindeutig: Ja selbstverständlich, sie muss es sogar! Viel mehr Sinn ergibt es doch zu fragen, ,,Darf die Kunst/Philosophie akademisch bleiben!" Hier ist die Antwort ganz klar nein!
Der Zusammenhang ist der Folgende: Wenn wir wollen, dass wichtige Informationen an ein breites Publikum kommen, dann dürfen wir nicht davor zurückschrecken vielleicht die falschen Sachen zu sagen.
Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Ein für mich wichtiger Begriff der Philosophie, ist die Freiheit. Was ist der Unterschied zwischen den folgenden Sätzen:
,,Die eigene Freiheit findet dort ihr Ende, wo sie die Freiheit der anderen tangiert."
,,Wenn ich jemanden als Hurensohn beleidige, darf ich mich nicht wundern, wenn ich danach eine Schelle kassiere."
Genau, es gibt keinen Unterschied, der Inhalt ist identisch, beide Sätze sagen das gleiche aus! Aber die Form ist eine andere! Der erste Satz hebt sich selbst empor und soll zeigen, wie schlau man doch sei und er ergibt Sinn, er ist richtig und er ist wichtig, in einem bestimmten Rahmen. Der zweite Satz zeigt, was der Erste bedeuten könnte, wenn man ihn auf brutale Weise anwendet, in einem bestimmten Rahmen ergibt also auch dieser Sinn. Ist einer von beiden besser? Ich weiß es nicht.
Aber hier kommt die Kunst ins Spiel, wenn wir die beiden Sätze als Extrempunkte sehen, die einen bestimmten Inhalt verkörpern sollen, kann die Kunst dabei vermitteln diesen Inhalt in die Welt zu bringen. Sie kann eins der beiden Extreme benutzen, oder keins davon, vielleicht auch etwas dazwischen, oder vielleicht findet sie etwas, das noch extremer ist. Am Ende ist jedoch eins wichtig, dass sie sich auslebt, entfaltet und ausprobiert und das kann sie nicht, wenn sie schon von vornherein eingeschränkt wird. Eine stabile Gesellschaft, braucht auch eine gute Kunst.
Warum der Kunst nicht mehr vertrauen, vielleicht mag es absurd oder pathetisch klingen, aber wen hat die Kunst jemals getötet?
Falls Sie, anders als ich zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die Kunst dies bereits vollbracht hat, dann denken Sie bitte darüber nach, ob diese Opfer in Relation stehen zu denen, die durch Krieg, Waffen, Hass und Hetze gestorben sind.
Freie (!) Kunst ist die beste Alternative!
21.11.2024
Pascal Deniz Degen ist 25 Jahre alt und ein echter Ur-Berliner. In seiner Heimatstadt schloss er erfolgreich seinen Bachelor in Geschichte und Philosophie ab. Seine große Leidenschaft für die Philosophie führte ihn nach Wien, wo er aktuell seinen Master absolviert. Sein selbsternanntes Ziel ist es, die Philosophie aus den akademischen Fängen zu befreien und sie wieder für die Gesellschaft zugänglich zu machen.
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