Und bitte Herr General!

Und bitte Herr General!

Showtime auf der Hardthöhe! Wer hätte gedacht, dass in deutschem Militärpersonal wahre Entertainer stecken. So bekommt auch der Begriff Fronttheater eine ganz neue Bedeutung.

von Alexander Kira
,,Moin, Moin Herr General" die ersten Worte der abgehörten Telefonkonferenz sind fast schon zum geflügelten Wort in Videokonferenzen geworden. Diese beruhigende Mischung aus jovialem Casino-Ton und schneidiger Soldatensprache eignet sich ja auch bestens, um ein dröges Gespräch mit Kollegen aufzulockern. Seitdem wissen wir aber auch: Wer Moin, Moin sagt, der meint auch: Moin, Moin, liebe Abhörenden. So wurde tagelang bei Videokonferenzen bei jedem Moin Moin gekichert, bevor man zur Tagesordnung überging, also nachdem man die Urlaubsrückkehrern willkommen geheißen und allen aus dem Krankstand zurückgekehrten ,,Gute Besserung weiterhin" gewünscht hatte. Die Erkältungszeit ist aber auch unerbittlich.

Gerne folgten dann noch einige Scherze nach dem Motto ,,psst wer weiß, wer noch alles mithört" von den KollegInnen, die nie merken, wenn ein Witz durch ist. Dabei hatten sie diesmal recht. Der Witz ist tatsächlich nicht durch: Denn wenn man den immer lauter werdenden Experten glauben will, war es gar keine erfolgreiche Abhöraktion - sondern umgekehrt, die Abhörenden wurden Opfer eines gezielt inszenierten Hörspiels. Was für eine Wendung! Hört man sich die in Studioqualität daherkommende Aufzeichnung an, wird man tatsächlich nachdenklich: Der joviale aber stets korrekte Ton, die ,,fast" Kritik an der Führungsebene, welche sofort durch tief empfundenes, ,,fast" Lob ausbalanciert wird - das alle klingt tatsächlich nicht nach einem mitgeschnittenen Gespräch in der Raucherecke der Gustav-Heinemann-Kaserne in Essen. Das am Ende keiner der Beteiligten in Tränen ob einem Bekenntnis zur Größe des Verteidigungsministers ausgebrochen ist, erscheint da fast schon verwunderlich. Apropos: Sieht man nicht eine Art schelmisches Lächeln im Mundwinkel des Verteidigungsministers bei seiner anschließenden Pressekonferenz und fühlt sich nicht ein bisschen an Barschels´s Ehrenwort und Clinton´s ,,I did not have a..." erinnern?

Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte und durchaus plausibel, dass hier nur ein Hörspiel abgefangen wurde - zugleich wirft dies weitgehende Fragen auf: Gibt es im Verteidigungsministerium eine eigene Abteilung, welche derartiges inszeniert? George Orwell´s Krieg der Welten lässt grüßen. Auch Verfechter der Inszenierten Mondlandung würden ein breites Grinsen nicht vermeiden können. Hat die Hardthöhe also angestellte Dramaturgen, die Texte verfassen und anschließend mit den Beteiligten einstudiert? Nicht erst seit dem Boom der Skripted Reality wissen wir, dass Laiendarsteller Profis in Alltagssituationen um Längen voraus sind. Warum soll es im militärischen Bereich anders sein? Das würde auch den Personalmangel der letzten Jahre im Film- und Fernsehbereich erklären. Die Filmschaffenden waren gar nicht in diversen Netflix-Produktionen eingebunden. Nein! Sie arbeiteten tief in den Kellern der Hardthöhe. An knackigen Manuskripten, gefühlvollen Bekenntnissen und der perfekten Beiläufigkeit des ,,Moin, Moin!". Sogar Produktionsreisen nach Singapur sind dank der Expertise des Traumschiffs kein Problem.

Dies wirft jedoch gerade in Zeiten der Fake-News eine weitere Frage auf: Wie kann man Realität von Fiktion unterscheiden? Das rote Lämpchen am Rednerpult im Bundestag bedeutet in Wirklichkeit: Feind hört mit! Nur Schwachsinn erzählen! Erinnern Sie sich noch an die Raute? Rückwirkend wird vollkommen klar, dass die Kanzlerin uns damit ein stummes Zeichen geben wollte. Sie war in Abhörangriffen, sogar von Freunden, durchaus geübt. Im doppelten Sinne: Denn wer hätte routinierter mit abgehörten Telefonaten umgehen können als die ehemalige FDJ-Funktionärin Angela Merkel? Da gewinnt man schon fast den Eindruck, dass sie der Bundeswehr als Best Practice auch das Umdrehen von Abhöraktionen beigebracht hat. Klingt absurd? Naja - eine FDJ-Funktionären als Kanzlerin? Eine Verteidigungsministerin aus dem Hochadel, welche ihren Kindern vor laufender Kamera aus der gepanzerten Limousine Tipps für ihre Reitturniere gibt. War das wirklich echt? Oder nicht eher ganz großes Kino?


24.04.2024
Alexander Kira hat über internationalen Menschenrechtsschutz provomiert und ist Jurist, Moderator und Kabarettist. Er lebt und schreibt im Herzen von Berlin.
Kommentare
  • Mr.T
    24.04.2024 14:53
    Der Krieg der Welten ist von H.G.Wells. Von George Orwell und definitiv im Kontext passender ist 1984.
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